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Praxis zu Art. 135 Abs. 2 FinfraG (vormals Art. 32 Abs. 4 BEHG)

Begriff Anbieter

Grundsatz: Geltung nicht nur für die Anbieterin, sondern auch mit ihr in gemeinsamer Absprache handelnde Personen

Für die Ermittlung des Preises des vorausgegangenen Erwerbs ist der höchste Preis, den die Anbieterin und die mit ihr in gemeinsamer Absprache handelnden Personen in den zwölf letzten Monaten für Beteiligungspapiere der Zielgesellschaft bezahlt haben, zu berücksichtigen.

Verfügung 679/01 vom 23. Februar 2018 in Sachen Hügli Holding AG, Erw. 6.3, Rz. 24 Verfügung 678/01 vom 1. Februar 2018 in Sachen Goldbach Group AG, Erw 4.2.1, Rz. 18-19 Verfügung 651/05 vom 9. Mai 2017 in Sachen LifeWatch AG, Erw. 6.2.1, Rz. 21-24 Verfügung 651/01 vom 17. Februar 2017 in Sachen LifeWatch AG, Erw. 4.1.2, Rz. 15-16 Verfügung 637/02 vom 7. Oktober 2016 in Sachen ACRON HELVETIA VII Immobilien AG, Erw. 4.1, Rz. 7 Verfügung 623/01 vom 25. Februar 2016 in Sachen Kuoni Reisen Holding AG, Erw. 4.3, Rz. 12-14 Entscheid ergangen vor Inkrafttreten der neuen Finanzmarktinfrastrukturgesetzgebung am 1. Januar 2016Verfügung 609/01 vom 14. Juli 2015 in Sachen SHL Telemedicine Ltd., Erw. 3.1, Rz. 14 Entscheid ergangen vor Inkrafttreten der neuen Finanzmarktinfrastrukturgesetzgebung am 1. Januar 2016Verfügung 580/01 vom 16. Oktober 2014 in Sachen Swisslog Holding AG, Erw. 4, Rz. 18 Entscheid ergangen vor Inkrafttreten der neuen Finanzmarktinfrastrukturgesetzgebung am 1. Januar 2016Verfügung 576/01 vom 29. September 2014 in Sachen Nobel Biocare Holding AG, Erw. 4, Rz. 9 Entscheid ergangen vor Inkrafttreten der neuen Finanzmarktinfrastrukturgesetzgebung am 1. Januar 2016Verfügung 562/02 vom 3. Juli 2014 in Sachen PubliGroupe SA, Erw. 5, Rz. 22 Entscheid ergangen vor Inkrafttreten der neuen Finanzmarktinfrastrukturgesetzgebung am 1. Januar 2016Verfügung 562/01 vom 11. Juni 2014 in Sachen PubliGroupe SA, Erw. 4, Rz. 15 Entscheid ergangen vor Inkrafttreten der neuen Finanzmarktinfrastrukturgesetzgebung am 1. Januar 2016Verfügung 551/01 vom 25. November 2013 in Sachen Tornos Holding AG, Erw. 4, Rz. 7 Entscheid ergangen vor Inkrafttreten der neuen Finanzmarktinfrastrukturgesetzgebung am 1. Januar 2016Verfügung 550/04 vom 13. Januar 2014 in Sachen Victoria-Jungfrau Collection AG, Erw. 7.1, Rz. 22 Entscheid ergangen vor Inkrafttreten der neuen Finanzmarktinfrastrukturgesetzgebung am 1. Januar 2016Verfügung 550/01 vom 7. November 2013 in Sachen Victoria-Jungfrau Collection AG, Erw. 5.1, Rz. 8 Entscheid ergangen vor Inkrafttreten der neuen Finanzmarktinfrastrukturgesetzgebung am 1. Januar 2016Verfügung 500/02 vom 17. August 2012 in Sachen Bank Sarasin & Cie AG, Erw. 5.1, Rz. 11

(in casu noch vor der Revision von Art. 32 Abs. 4 BEHG und damit der Möglichkeit einer Kontrollprämie)

Unterscheidung von Hauptakteuren und weiteren Akteuren

Als Anbieter im Kontext der Mindestpreisregel gilt die organisierte Gruppe bzw. die Gesamtheit der in gemeinsamer Absprache Handelnden, auch wenn nur eines deren Mitglieder als Anbieter im formellen Sinn auftritt und das Angebot öffentlich unterbreitet. Anbieterqualität haben jedoch nicht alle Gruppenmitglieder in gleichem Masse, es ist zwischen Hauptakteur(en), welche für sich selbst, direkt oder indirekt, die Beherrschung der Zielgesellschaft anstreben, und weiteren Akteuren, welche die Hauptakteure diesbezüglich lediglich ab einem bestimmten Zeitpunkt unterstützen und nur reduzierte Anbieterpflichten (vgl. Art. 12 UEV) haben.

Zeitlicher Anwendungsbereich der Mindestpreisregel

Zeitpunkt der Prüfung der Einhaltung der Mindestpreisregel

Festlegung des Mindestpreises erst bei Vorliegen der Voranmeldung bzw. des Angebotsprospekts

Der Mindestpreis wird erst bei Vorliegen der Voranmeldung bzw. des Angebotsprospekts festgelegt und auch erst in diesem Zusammenhang von der Übernahmekommission überprüft.

Entscheid ergangen vor Inkrafttreten der neuen Finanzmarktinfrastrukturgesetzgebung am 1. Januar 2016Verfügung 542/01 vom 31. Juli 2013 in Sachen Società Elettrica Sopracenerina SA, Erw. 3, Rz. 14-15

(in casu Nichteintreten auf ein Feststellungsgesuch der Anbieterin betreffend Bestätigung der Einhaltung der Mindestpreisregel ausserhalb des Verfahrens zur Prüfung des Angebots)

Feststellung der Einhaltung der Mindestpreisregel unter Vorbehalt der späteren Prüfung und Bestätigung durch die Prüfstelle

Hat die Prüfstelle ihren Prüfbericht gemäss Art. 128 FinfraG vor der Publikation des Angebots erstellt und die Einhaltung der Mindestpreisregel auf einen früheren Stichtag hin überprüft, fehlt eine Prüfung bzw. eine Bestätigung der Einhaltung der Mindestpreisregel für die dazwischen liegenden Börsentage. Diesfalls kann die Einhaltung der Mindestpreisregel bei Veröffentlichung des Angebots nur unter dem Vorbehalt festgestellt werden, dass an den dazwischen liegenden Börsentagen kein Erwerb zu einem höheren als dem Angebotspreis erfolgte. Die Prüfstelle hat dies nach Publikation des Angebots noch zu prüfen und zusammen mit dem ersten Schlussbericht zum Angebot gegenüber der Übernahmekommission zu bestätigen (vgl. dazu auch die Kommentierungen zu Art. 27 Abs. 1 UEV, Art. 28 Abs. 2 UEV und Art. 38 Abs. 1 UEV).

Entscheid ergangen vor Inkrafttreten der neuen Finanzmarktinfrastrukturgesetzgebung am 1. Januar 2016Verfügung 542/02 vom 31. Juli 2013 in Sachen Società Elettrica Sopracenerina SA, Erw. 4.3, Rz. 11

(in casu Prüfung der Einhaltung der Mindestpreisvorschriften durch die Prüfstelle per drittem Börsentag vor Publikation des Angebotsprospekts)

Massgeblicher Zeitpunkt: Vertragsschluss der Transaktion, nicht Vollzug

Massgeblicher zeitlicher Anknüpfungspunkt für die Anwendung der Bestimmungen über den vorausgegangenen Erwerb (Minimum Price Rule) in Abgrenzung zur Best Price Rule ab Veröffentlichung des Angebots bzw. der Voranmeldung ist der Vertragsschluss der Transaktion und nicht der Vollzugszeitpunkt. Auf Transaktionen, deren Verpflichtungsgeschäft vor der Veröffentlichung des Angebots bzw. der Voranmeldung stattfand, sind somit die Bestimmungen über den vorausgegangenen Erwerb (Minimum Price Rule) anwendbar, ausser es handle sich um eine gekoppelte Gesamttransaktion.

Geltung für in gemeinsamer Absprache handelnde Aktionäre der Zielgesellschaft ab Abschluss einer Andienungsvereinbarung

Hinsichtlich Aktionären der Zielgesellschaft, die aufgrund des Abschlusses einer Andienungsvereinbarung sowie einer Verknüpfung mit der Anbieterin auf der Beteiligungs- und der Organebene in gemeinsamer Absprache mit der Anbieterin handeln, gilt die Mindestpreisregel nur für Käufe, die sie nach Abschluss der Andienungsvereinbarung getätigt hat.

Ausnahmsweise Anwendung der Best Price Rule auf vorausgegangenen Erwerb bei gekoppelter Gesamttransaktion

Zur ausnahmsweisen Anwendung der Best Price Rule auf einen vorausgegangenen Erwerb bei gekoppelter Gesamttransaktion vgl. die Praxis und Kommentierung zu Art. 10 Abs. 1 UEV.

Sachlicher Anwendungsbereich der Mindestpreisregel

Anwendung der Mindestpreisregel auf Pflichtangebote und Kontrollwechsel-Angebote

Die Bestimmungen über den Mindestpreis knüpfen an das Bestehen einer Angebotspflicht an und finden daher auf freiwillige Angebote grundsätzlich keine Anwendung (vgl. dazu die Praxis und Kommentierung zu Art. 9 Abs. 5 UEV).

Umfasst ein freiwilliges Angebot jedoch Beteiligungspapiere, deren Erwerb die Angebotspflicht auslösen würde (Kontrollwechsel-Angebot), ist die Mindestpreisregel einzuhalten (vgl. dazu die Praxis und Kommentierung zu Art. 9 Abs. 6 UEV).

Keine Anwendung der Mindestpreisregel im Falle eines Opting out

Ein Opting out (d.h. eine explizite Klausel in den Statuten, wonach ein Erwerber einer Kontrollmehrheit von der Pflicht entbunden ist, den Aktionären der Gesellschaft ein öffentliches Kaufangebot für sämtliche Beteiligungspapiere zu unterbreiten) dispensiert auch von der Einhaltung der Mindestpreisregel, womit gewissen Aktionären ein höherer Preis für deren Beteiligungspapiere (sog. Kontrollprämie) geboten werden kann.

Verfügung 648/02 vom 9. März 2017 in Sachen Pax Anlage AG, Erw. 5, Rz. 11-12 Verfügung 639/01 vom 28. September 2016 in Sachen Looser Holding AG, Erw. 4.1, Rz. 13-14 Entscheid ergangen vor Inkrafttreten der neuen Finanzmarktinfrastrukturgesetzgebung am 1. Januar 2016Verfügung 610/01 vom 21. Juli 2015 in Sachen Schindler Holding AG, Erw. 1, Rz. 3 Entscheid ergangen vor Inkrafttreten der neuen Finanzmarktinfrastrukturgesetzgebung am 1. Januar 2016Verfügung 569/01 vom 24. Juni 2014 in Sachen Pretium AG, Erw. 4, Rz. 10 Entscheid ergangen vor Inkrafttreten der neuen Finanzmarktinfrastrukturgesetzgebung am 1. Januar 2016Verfügung 556/02 vom 2. Februar 2014 in Sachen Walter Meier AG / WM Technologie AG, Erw. 5, Rz. 10-11 Entscheid ergangen vor Inkrafttreten der neuen Finanzmarktinfrastrukturgesetzgebung am 1. Januar 2016Verfügung 549/01 vom 10. Oktober 2013 in Sachen Absolute Invest AG, Erw. 2, Rz. 3 Entscheid ergangen vor Inkrafttreten der neuen Finanzmarktinfrastrukturgesetzgebung am 1. Januar 2016Verfügung 530/01 vom 9. April 2013 in Sachen Fortimo Group AG, Erw. 3, Rz. 20 Entscheid ergangen vor Inkrafttreten der neuen Finanzmarktinfrastrukturgesetzgebung am 1. Januar 2016Verfügung 484/01 vom 23. Juni 2011 in Sachen EGL AG, Erw. 3, Rz. 4 Entscheid ergangen vor Inkrafttreten der neuen Finanzmarktinfrastrukturgesetzgebung am 1. Januar 2016Verfügung 428/01 vom 12. Oktober 2009 in Sachen Athris Holding AG, Erw. 3, Rz. 4 Entscheid ergangen vor Inkrafttreten der neuen Finanzmarktinfrastrukturgesetzgebung am 1. Januar 2016Verfügung 427/01 vom 29. September 2009 in Sachen Canon (Schweiz) AG, Erw. 3, Rz. 4

Freiwillige Einhaltung der Mindestpreisregel

Ist eine Anbieterin aufgrund von Art. 135 Abs. 2 FinfraG nicht dazu verpflichtet, kann sie sich dafür entscheiden, die Vorschriften über den Mindestpries im Interesse der Publikumsaktionäre auf freiwilliger Basis gleichwohl einzuhalten. Diesfalls überprüft die Übernahmekommission vor dem Hintergrund des übernahmerechtlichen Lauterkeitsgebots, ob das Angebot die Vorschriften über den Mindestpreis tatsächlich einhält.

Verfügung 639/01 vom 28. September 2016 in Sachen Looser Holding AG, Erw. 4.1, Rz. 15-16

(in casu keine zwingende Anwendung der Mindestpreisregel aufgrund eines Opting out)

Auch Transaktionen unter Gruppenmitgliedern von Mindestpreisregel erfasst

Weder Gesetz noch Verordnung differenzieren danach, von wem der Anbieter die fraglichen Beteiligungspapiere erworben hat. Aus der Perspektive des Gleichbehandlungsgrundsatzes stellt es keinen relevanten Unterschied dar, ob ein Hauptakteur der Anbietergruppe sein Paket von irgendeinem Grossaktionär oder von einem anderen Gruppenmitglied erwirbt. Die gegenteilige Auffassung birgt im Übrigen ein offensichtliches Missbrauchspotential.

Ausdehnung der Mindestpreisregel auf Transaktionen in Aktien der vormaligen Muttergesellschaft der Zielgesellschaft

Aktien einer neu errichteten Zielgesellschaft, welche bei Lancierung des Angebots weniger als ein Jahr besteht, können nicht als Referenz für die Einhaltung der Regel über den Mindestpreis bei vorausgegangenen Erwerb innerhalb der letzten zwölf Monate herangezogen werden. Für die Überprüfung der Einhaltung dieser Regel ist da, wo die neu errichtete Zielgesellschaft aus der Spaltung einer börsenkotierten Gesellschaft hervorging und mittels Sachdividende an deren Publikumsaktionäre ausgeschüttet werden soll zusätzlich auf allfällige Transaktionen in Aktien der (börsenkotierten) vormaligen Muttergesellschaft innerhalb der letzten zwölf Monate abzustellen.

Bestimmung des Börsenkurses

Zur Bestimmung des Börsenkurses, namentlich bei illiquiden Beteiligungspapieren, vgl. die Praxis und Kommentierung zu Art. 42 FinfraV-FINMA.

Bestimmung des Preises des vorausgegangen Erwerbs

Allgemeines

Zur Bestimmung des Preises des vorausgegangenen Erwerbs, einschliesslich der Berücksichtigung und Bewertung von anderen wesentlichen Leistungen, vgl. auch die Praxis und Kommentierung zu Art. 43 FinfraV-FINMA.

Bestimmung bei bedingter Erhöhung des Preises des vorausgegangen Erwerbs im Falle des Vollzugs des Angebots

Die durch den Vollzug des Kaufangebots bedingte Erhöhung des Kaufpreises bei einem vorausgegangenen Erwerb führt nicht zu einer Erhöhung des Angebotspreises, wenn die Erhöhung höchstens die Differenz zum (anfänglichen) Angebotspreis beträgt. Anderes würde gelten, wenn sich die bedingte Erhöhung auf mehr als den (anfänglichen) Angebotspreis beziehen würde oder der Verkäufer zusätzlich an einer allfälligen späteren Erhöhung des Angebotspreises oder an einem Konkurrenzangebot partizipieren könnte.

Folge der Ungewissheit über höchsten bezahlten Preis

Kann der Anbieter den höchsten bezahlten Preis des vorausgegangenen Erwerbs nicht ermitteln, geht diese Ungewissheit zu seinen Lasten. Er muss sich diesfalls den in den zwölf Monaten vor Publikation der Voranmeldung höchsten börslich bezahlten Preis für Beteiligungspapiere der Zielgesellschaft anrechnen lassen.

Keine Auferlegung von Rapportierungspflichten zur ex post-Beurteilung der Einhaltung der Mindestpreisregel

Eine Pflicht zur Rapportierung an die UEK über Geschäfte und Geldflüsse zwischen der Anbieterin und mit dieser in gemeinsamer Absprache handelnden Personen nach dem Vollzug des Übernahmeangebots zur ex-post Beurteilung der Einhaltung der Mindestpreisregel, insbesondere hinsichtlich wesentlicher Nebenleistungen, ist im übernahmerechtlichen Verfahren nicht vorgesehen und ein Antrag auf Auferlegung einer solchen Pflicht entsprechend abzulehnen.

Aktienzeichnung ist kein vorausgegangener Erwerb

Die Zeichnung von neuen, im Rahmen einer Kapitalerhöhung ausgegebenen Aktien durch den Anbieter gilt nicht als vorausgegangener Erwerb und fällt nicht unter die Mindestpreisregel. Der Grundsatz der Gleichbehandlung der Anlegerinnen und Anleger wird durch die Zeichnung von Aktien im Rahmen einer Kapitalerhöhung grundsätzlich auch dann nicht verletzt, wenn der Anbieter über den Umfang seiner Bezugsrechte hinaus Aktien zeichnet. Anders wäre allenfalls zu entscheiden, wenn im Rahmen einer Kapitalerhöhung das Ziel verfolgt würde, einem Aktionär eine Prämie oder anderweitige besondere Vorteile zukommen zu lassen.