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Praxis zu Art. 32 Abs. 1 UEV

Allgemeines

Um den Aktionären eine hilfreiche Beurteilung zukommen zu lassen, muss der Verwaltungsrat in der Lage sein, den Bericht in vom Angebot unabhängiger Weise abzugeben und darin objektive Informationen zu liefern. Daher hat der Bericht auf allfällige Interessenkonflikte von Mitgliedern des Verwaltungsrats oder der obersten Geschäftsleitung hinzuweisen und diesbezüglich nähere Angaben zu machen.

Interessenkonflikte

Organstellung begründet für sich allein keinen Interessenkonflikt

Der allen feindlichen Übernahmen inhärente Umstand, dass ein Mitglied des Verwaltungsrats oder der obersten Geschäftsleitung in einem einfachen, positionsbegründeten Interessenkonflikt (betreffend die Bewahrung seiner Position als Organ der Zielgesellschaft) steht, da er damit rechnen muss, nach erfolgreichem Vollzug des Angebots nicht mehr wiedergewählt zu werden, begründet für sich allein noch keinen Interessenkonflikt im Sinne von Art. 32 UEV.

Potentieller Interessenkonflikt vermutet bei Kontrolle der Anbieterin über die Zielgesellschaft

Die Tatsache, dass die Anbieterin (oder eine diese kontrollierende Person) Mehrheitsaktionär der Zielgesellschaft ist und sämtliche Verwaltungsratsmitglieder der Zielgesellschaft mit der Stimme der Anbieterin gewählt wurden, begründet die widerlegbare Vermutung eines potentiellen Interessenkonflikts. Diese kann durch den Nachweis der tatsächlichen Unabhängigkeit des entsprechenden VR-Mitglieds widerlegt werden.

Potentieller Interessenkonflikt auch bei (noch) fehlender Kontrolle der Anbieterin über die Zielgesellschaft vermutet, wenn Verwaltungsratsmitglieder auf Antrag der Anbieterin gewählt wurden

Verwaltungsratsmitglieder, die auf Antrag der Anbieterin in den Verwaltungsrat der Zielgesellschaft gewählt bzw. wiedergewählt wurden, befinden sich vermutungsweise in einem Interessenkonflikt, auch wenn die Anbieterin zu jenem Zeitpunkt noch keine Kontrolle über die Zielgesellschaft hatte. 

Verwaltungsratsmitglieder, die zu einem Zeitpunkt, als die Anbieterin noch keine Kontrolle über die Zielgesellschaft hatte, ohne Stimmen und nicht auf Antrag der Anbieterin in den Verwaltungsrat der Zielgesellschaft gewählt bzw. wiedergewählt wurden, gelten grundsätzlich als unabhängig im Sinne der Praxis der Übernahmekommission und befinden sich daher vermutungsweise nicht in einem Interessenkonflikt.

Entscheid ergangen vor Inkrafttreten der neuen Finanzmarktinfrastrukturgesetzgebung am 1. Januar 2016Verfügung 569/01 vom 24. Juni 2014 in Sachen Pretium AG, Erw. 9.2, Rz. 34

(in casu wurden gemäss dem Bericht des Verwaltungsrats der Zielgesellschaft immerhin unverbindliche Gespräche  zwischen der Anbieterin und den Verwaltungsratsmitgliedern über eine Fortführung ihrer Tätigkeiten für die Zielgesellschaft nach einem Vollzug der Übernahme geführt)

Entscheid ergangen vor Inkrafttreten der neuen Finanzmarktinfrastrukturgesetzgebung am 1. Januar 2016Verfügung 549/01 vom 10. Oktober 2013 in Sachen Absolute Invest AG, Erw. 7.1, Rz. 15