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Praxis zu Art. 128 Abs. 1 FinfraG (vormals Art. 25 Abs. 1 BEHG)

Begriff Effektenhändler

Keine Ausdehnung auf ausländische Effektenhändler

Der Begriff Effektenhändler ist im Zusammenhang mit Art. 10 BEHG zu verstehen, d.h. er bezeichnet eine natürliche oder juristische Person, die von der FINMA nach dem Börsengesetz als Effektenhändler bewilligt ist, nicht aber ausländische Effektenhändler.

Bezeichnung der Prüfstelle

Recht und Pflicht der Anbieterin zur Bezeichnung der Prüfstelle

Ersatzvornahme bei pflichtwidriger Unterlassung der Bezeichnung einer Prüfstelle

Nur für den Fall, dass es die Anbieterin pflichtwidrig unterlässt, eine Prüfstelle zu bezeichnen, besteht gemäss Art. 41 Abs. 1 lit. a VwVG die Möglichkeit einer Ersatzvornahme. Dabei wird die unterlassene Handlung durch den Staat oder einen von ihm beauftragten Dritten vorgenommen; die Kosten werden dem Pflichtigen auferlegt.

Prüfstellenmandat

Auswahl und Mandatierung durch Anbieter

Die Prüfstelle wird vom Anbieter ausgewählt, mandatiert und bezahlt. Sie steht zum Anbieter in einem privatrechtlichen Auftragsverhältnis. Trotzdem wahrt jedoch die Prüfstelle nicht die Interessen des Anbieters, sondern erfüllt als "verlängerter Arm" der UEK eine öffentliche Aufgabe bzw. übt eine Art behördliche Funktion aus, und ist daher verpflichtet, eine neutrale Position einzunehmen (vgl. dazu auch Kommentierung zu Art. 128 Abs. 2 FinfraG).

Unabhängigkeit der Prüfstelle

Eignung der Prüfstelle

Grundsatz: keine zusätzlichen qualitativen Anforderungen an die Fähigkeiten der Prüfstelle

Weder das FinfraG noch dessen Ausführungsbestimmungen stellen besondere Anforderungen an Fähigkeiten und Sachverstand der Prüfstelle. Der Gesetzgeber hat bewusst verzichtet, solche Anforderungen aufzustellen, und zwar unter Hinweis auf die Schwierigkeit, entsprechende Kriterien aufzustellen, sowie auf das bisherige Fehlen von Missbräuchen. Demzufolge sind grundsätzlich sämtliche Effektenhändler und die von der FINMA zugelassenen Prüfgesellschaften zur Prüfung eines öffentlichen Kaufangebots geeignet.

Entscheid ergangen vor Inkrafttreten der neuen Finanzmarktinfrastrukturgesetzgebung am 1. Januar 2016Verfügung FINMA vom 21. Dezember 2011 in Sachen Quadrant AG, Erw. 4.a, Rz. 26

FINMA-Verfügung wurde jedoch vom Bundesverwaltungsgericht im Hinblick auf die Ausführungen zur Eignung der Prüfstelle aus formellen Gründen kassiert (vgl. Urteil B-253/2012 des BVGer vom 8. März 2012 in Sachen Quadrant AG, Erw. 6.7)

Entscheid ergangen vor Inkrafttreten der neuen Finanzmarktinfrastrukturgesetzgebung am 1. Januar 2016Verfügung 410/04 vom 14. November 2011 in Sachen Quadrant AG, Erw. 2.2, Rz. 8

UEK kann im Einzelfall höhere als die gesetzlichen Anforderungen an die Prüfstelle stellen

Ungeachtet dessen, dass gemäss Gesetz eine Prüfstelle keinen zusätzlichen qualitativen Erfordernissen genügen muss, kann es im Einzelfall angebracht sein, weitergehende Qualifikationen der Prüfer zu verlangen. Die UEK kann im Rahmen ihrer Zuständigkeit gemäss Art. 138 Abs. 1 FinfraG im Einzelfall höhere Anforderungen an die Prüfstelle stellen.

Entscheid ergangen vor Inkrafttreten der neuen Finanzmarktinfrastrukturgesetzgebung am 1. Januar 2016Verfügung FINMA vom 21. Dezember 2011 in Sachen Quadrant AG, Erw. 4.a, Rz. 27

FINMA-Verfügung wurde jedoch vom Bundesverwaltungsgericht im Hinblick auf die Ausführungen zur Eignung der Prüfstelle aus formellen Gründen kassiert, vgl. Urteil B-253/2012 des BVGer vom 8. März 2012 in Sachen Quadrant AG, Erw. 6.7 (in casu hat die UEK im Rahmen ihres Ermessens deutlich höhere Anforderungen an die Eignung der Prüfstellen gestellt, vgl. die eingehende Eignungsprüfung in Verfügung 410/04 vom 14. November 2011 in Sachen Quadrant AG, Erw. 2.2-2.7, Rz. 8-13)

Schweizer Prüfungsstandard PS 880 nicht zwingend massgeblich

Die UEK kann zwar für die Auslegung ihres Entscheids, ob eine Prüfstelle im Einzelfall den Anforderungen hinsichtlich Fähigkeiten und Sachverstand genügt oder nicht, den Schweizer Prüfungsstandard zur Prüfung von öffentlichen Kaufangeboten (PS 880) heranziehen, ist aber für die Entscheidung nicht an diesen gebunden.

Entscheid ergangen vor Inkrafttreten der neuen Finanzmarktinfrastrukturgesetzgebung am 1. Januar 2016Verfügung FINMA vom 21. Dezember 2011 in Sachen Quadrant AG, Erw. 4.a, Rz. 31

FINMA-Verfügung wurde jedoch vom Bundesverwaltungsgericht im Hinblick auf die Ausführungen zur Eignung der Prüfstelle aus formellen Gründen kassiert (vgl. Urteil B-253/2012 des BVGer vom 8. März 2012 in Sachen Quadrant AG, Erw. 6.7)

Kriterien gemäss Schweizer Prüfungsstandard zur Prüfung von öffentlichen Kaufangeboten (PS 880)

Der Schweizer Prüfungsstandard zur Prüfung von öffentlichen Kaufangeboten (PS 880), welcher grundsätzlich auch für Effektenhändler, welche ein Prüfstellenmandat ausüben, verbindlich ist (so UEK-Rundschreiben Nr. 3, Rz. 4), verlangt in Rn 24, dass eine Prüfstelle, die ein Prüfstellenmandat annimmt, die nötigen fachlichen Kenntnisse im Bereich der öffentlichen Kaufangebote, der relevanten rechtlichen Bestimmungen und der Praxis der UEK besitzt.

Eignung der Prüfstelle trotz mangelnder übernahmespezifischer Erfahrung

Das Fehlen von einschlägiger übernahmespezifischer Erfahrung kann nicht von entscheidender Bedeutung für die Eignung sein, sofern ein ausreichend qualifiziertes Team mit langjähriger, umfangreicher Erfahrung im Corporate Finance Bereich und in Bewertungsfragen vorhanden ist. Andernfalls hätten neue Prüfstellen, die naturgemäss noch über keine einschlägige übernahmespezifische Erfahrung verfügen können, keinen Marktzugang.

Ablehnung einer Prüfstelle durch UEK aufgrund mangelnder fachlicher Kenntnisse im Bereich Corporate Finance Dienstleistungen möglich

Es ist der UEK möglich, eine Prüfstelle abzulehnen, wenn diese von vornherein als fachlich nicht in der Lage erscheinen würde, den gesetzlichen Auftrag korrekt zu erfüllen. Dies wäre namentlich bei einem Effektenhändler der Fall, der keine Corporate Finance Dienstleistungen anbietet und daher weder über ein entsprechendes Team noch über die notwenige Erfahrung verfügt.

Überprüfung von Eignung und Unabhängigkeit der Prüfstelle

Summarische Überprüfung der Unabhängigkeit durch Sekretariat bei Mandatsannahme

Die Unabhängigkeit der Prüfstelle wird vorgängig, d.h. im Rahmen der Mandatsannahme, aufgrund einer summarischen Prüfung durch das Sekretariat der UEK beurteilt (vgl. Rz. 11 des UEK-Rundschreibens Nr. 3: Prüfung von öffentlichen Kaufangeboten vom 25. Juni 2010). Diese Beurteilung ist aber als Sekretariatsauskunft für die UEK nicht bindend (vgl. Art. 55 Abs. 5 UEV).

Verbindliche Überprüfung der Eignung und Unabhängigkeit durch die UEK grundsätzlich in Entscheid zum Angebot, ausnahmsweise in Teilentscheid

Üblicherweise wird über die Eignung (inklusive Unabhängigkeit) einer Prüfstelle (erst) im Rahmen des Entscheides zum Angebot verbindlich entschieden. Im Einzelfall kann die UEK im Interesse der Verfahrensökonomie und zur Vereinfachung des weiteren Verfahrens (vgl. Art. 63 Abs. 1 UEV) zur Frage der Eignung und Unabhängigkeit einer Prüfstellenkandidatin einen selbständigen Teilentscheid erlassen.

Entscheid ergangen vor Inkrafttreten der neuen Finanzmarktinfrastrukturgesetzgebung am 1. Januar 2016Verfügung 410/03 vom 5. Juli 2011 in Sachen Quadrant AG, Erw. 2.1, Rz. 6-7

(in casu Teilentscheid gestützt auf den Umstand, dass bereits vor Mandatierung der Prüfstelle diverse Einwände gegen die Mandatierung vorgebracht wurden)

Prüfstellen ohne weiteres zur Erstellung von Fairness Opinions befähigt

Von der FINMA zugelassene Prüfgesellschaften und Effektenhändler sind grundsätzlich ohne separates Verfahren bei der UEK auch für die Erstellung von Fairness Opinions im Sinne von Art. 30 Abs. 6 UEV besonders befähigt. Der Kreis der im Sinne von Art. 30 Abs. 6 UEV für die Erstellung von Fairness Opinions besonders befähigten Personen geht jedoch über die von der FINMA gemäss Art. 128 Abs. 1 FinfraG zugelassenen Prüfgesellschaften und Effektenhändler hinaus.