Auszug aus der Verordnung
der Eidgenössischen Finanzmarktaufsicht über die Finanzmarktinfrastrukturen und das Marktverhalten im Effekten- und Derivatehandel
(Finanzmarktinfrastrukturverordnung-FINMA,
FinfraV-FINMA)
vom 3. Dezember 2015
5. Kapitel: Offenlegung von Beteiligungen
1. Abschnitt: Meldepflicht
Art. 10 Grundsätze
Art. 11 Indirekter Erwerb und indirekte Veräusserung
Art. 12 Handeln in gemeinsamer Absprache oder als organisierte Gruppe
Art. 13 Entstehen der Meldepflicht
Art. 14 Berechnung der zu meldenden Positionen
Art. 15 Beteiligungsderivate
Art. 16 Weitere zu meldende Tatbestände
Art. 17 Effektenleihe und vergleichbare Geschäfte
Art. 18 Kollektive Kapitalanlagen
Art. 19 Banken und Effektenhändler
Art. 20 Übernahmeverfahren
Art. 21 Vorabendentscheid
2. Abschnitt: Meldung und Veröffentlichung
Art. 22 Inhalt der Meldung
Art. 23 Ergänzende Angaben
Art. 24 Meldefristen
Art. 25 Veröffentlichung
Art. 26 Ausnahmen und Erleichterungen
3. Abschnitt: Überwachung
Art. 27 Offenlegungsstelle
Art. 28 Verfahren
Art. 29 Untersuchungen
6. Kapitel: Pflicht zur Unterbreitung eines Angebots
1. Abschnitt: Angebotspflicht
Art. 30 Anwendbare Bestimmungen
Art. 31 Grundsatz
Art. 32 Indirekter Erwerb
Art. 33 Handeln in gemeinsamer Absprache oder als organisierte Gruppe
Art. 34 Berechnung des Grenzwertes
Art. 35 Gegenstand des Pflichtangebots
Art. 36 Übergang der Angebotspflicht auf die erwerbende Person
Art. 37 Aufleben der Angebotspflicht
Art. 38 Pflichtangebot und Bedingungen
Art. 39 Frist
2. Abschnitt: Ausnahmen von der Angebotspflicht
Art. 40 Allgemeine Ausnahmen
Art. 41 Besondere Ausnahmen
3. Abschnitt: Ermittlung des Angebotspreises
Art. 42 Börsenkurs
Art. 43 Preis des vorausgegangenen Erwerbs
Art. 44 Indirekter vorausgegangener Erwerb
Art. 45 Abgeltung des Angebotspreises
Art. 46 Bewertung der Effekten
Art. 47 Ausnahmen
7. Kapitel: Zusammenarbeit zwischen FINMA, Übernahmekommission und Börsen
Art. 48
8. Kapitel: Schlussbestimmungen
Art. 49 Aufhebung und Änderung anderer Erlasse
Art. 50 Übergangsbestimmung zur Offenlegung von Beteiligungen
Art. 50a1 Übergangsbestimmung zur Änderung vom 26. Januar 2017
Art. 51 Inkrafttreten
Praxis zu Art. 33 FinfraV-FINMA (vormals Art. 31 BEHV-FINMA)
Art. 33 FinfraV-FINMA als Verweisungsnorm
Mit dem Wegfall des Wortes „sinngemäss“ beim Verweis auf Art. 12 FinfraV-FINMA in Art. 33 FinfraV-FINMA (im Vergleich zu Art. 31 BEHV-FINMA) ist keine materielle Änderung dieser Norm verbunden. Solche Referenznormen kommen nie unmittelbar, sondern immer nur „sinngemäss“ bzw. analog zur Anwendung.
Zum Gruppentatbestand im übernahmerechtlichen Kontext im Allgemeinen
Zur Bedeutung des Gruppentatbestandes im Allgemeinen übernahmerechtlichen Kontext der Einhaltung der Anbieterpflichten gemäss Art. 127 Abs. 3 FinfraG i.V.m Art. 12 UEV, vgl. die Praxis und Kommentierung zu Art. 11 UEV sowie zu Art. 12 UEV.
Gruppentatbestand setzt nicht zwingend ein Erwerbsgeschäft voraus
Im schweizerischen Übernahmerecht gilt seit je, dass eine angebotspflichtige Gruppe auch dann entstehen kann, wenn bestehende Aktionäre eine koordinierte Stimmrechtsausübung vereinbaren; ein Erwerb im Sinne eines Stimmenzukaufs ist mithin nicht erforderlich. Das gilt unverändert auch nach Inkrafttreten von Art. 33 FinfraV-FINMA, da nichts darauf hindeutet, dass mit der darin verwendeten Neuformulierung („Personen, die (...) in gemeinsamer Absprache (...) erwerben“ anstelle von „in gemeinsamer Absprache (...) handelnden Erwerbspersonen“ in aArt. 1 BEHV-FINMA) eine Änderung der bisherigen Rechtslage beabsichtigt wurde.
Koordination "im Hinblick auf die Beherrschung der Zielgesellschaft" als zusätzliches Tatbestandselement für das Auslösen der Angebotspflicht
Im Unterschied zum Handeln in gemeinsamer Absprache bzw. als organisierte Gruppe i.S.v. Art. 12 FinfraV-FINMA im Kontext der offenlegungsrechtlichen Meldepflicht gemäss Art. 120 FinfraG und i.S.v. Art. 11 UEV im übernahmerechtlichen Kontext der Einhaltung der Anbieterpflichten gemäss Art. 127 Abs. 3 FinfraG i.V.m Art. 12 UEV im allgemeinen, muss der Gruppentatbestand gemäss Art. 33 FinfraV-FINMA auf eine Änderung der Kontrollverhältnisse ("im Hinblick auf die Beherrschung der Zielgesellschaft") gerichtet sein, um eine Angebotspflicht auszulösen. Dies ist dann anzunehmen, wenn gemeinsam erworbene Stimmrechte eine Kontrolle der Zielgesellschaft objektiv ermöglichen (indem sie in gemeinsamer Absprache ausgeübt werden) und aufgrund der Umstände darauf zu schliessen ist, dass eine solche Beherrschung auch angestrebt wird. Eine subjektive Beherrschungsabsicht im Einzelfall muss dabei nicht nachgewiesen werden.
Generelle Zurückhaltung bei Annahme einer übernahmerechtlich relevanten Koordination im Hinblick auf die Beherrschung
Eine gemeinsame Absprache "im Hinblick auf die Beherrschung" ist im übernahmerechtlichen Kontext wegen der damit verbundenen Rechtsfolgen zurückhaltender anzunehmen als im Offenlegungsrecht. Vorauszusetzen ist grundsätzlich eine wesentliche und auf Dauer ausgerichtete, bzw. nachhaltige Koordination zur gemeinsamen Einflussnahme, welche den Einzelwillen der Aktionäre zugunsten des Gruppenwillens aufhebt.
Würdigung der gesamten Umstände und Abreden für die Annahme einer übernahmerechtlich relevanten Koordination im Hinblick auf die Beherrschung
Für die Beurteilung, ob die Koordination „im Hinblick auf die Beherrschung“ der Zielgesellschaft erfolgt, sind jeweils die gesamten Umstände und Abreden zu würdigen. Gewichtige Elemente einer Beherrschung sind etwa Abreden über die Ausübung des Stimmrechts, Absprachen über die Zusammensetzung des Verwaltungsrats sowie die gemeinsame Festlegung einer Strategie für die Zielgesellschaft.
Anwendungsfälle der abgestimmten Verhaltensweise mit Beherrschungsabsicht in Anlehnung an Art. 12 Abs. 1 FinfraV-FINMA
Abgestimmte Verhaltensweise mit Beherrschungsabsicht bei Erwerbsgeschäften i.S.v. Art. 12 Abs. 1 FinfraV-FINMA
Die Angebotspflicht kann sich in erster Linie aus einem Handeln in gemeinsamer Absprache bzw. als organisierte Gruppe im Hinblick auf den Erwerb (nicht aber die Veräusserung) von Beteiligungspapieren (Art. 134 Abs. 1 FinfraG i.V.m. Art. 33 FinfraV-FINMA i.V.m. Art. 12 Abs. 1 FinfraV-FINMA) ergeben. Bezieht sich aber die Absprache einzig auf das Erwerbsgeschäft, ohne dass das Geschäft auch Auswirkungen auf die Beherrschung der Zielgesellschaft haben kann, liegt zwar möglicherweise eine Gruppe i.S.v. Art. 12 Abs. 1 FinfraV-FINMA vor, die jedoch wegen Fehlens des zusätzlichen Kriteriums von Art. 33 FinfraV-FINMA nicht angebotspflichtig wird.
Abgestimmte Verhaltensweise mit Beherrschungsabsicht bei der Ausübung der Stimmrechte i.S.v. Art. 12 Abs. 1 FinfraV-FINMA
Neben der abgestimmten Verhaltensweise im Hinblick auf den Erwerb von Beteiligungspapieren kann die Angebotspflicht unter Umständen auch durch ein Handeln in gemeinsamer Absprache bzw. als organisierte Gruppe im Hinblick auf eine koordinierte Ausübung der Stimmrechte (Art. 33 FinfraV-FINMA i.V.m. Art. 12 Abs. 1 FinfraV-FINMA) ausgelöst werden, so beispielsweise durch Abschluss eines Aktionärbindungsvertrags mit Stimmbindung, falls die dadurch erfassten Stimmrechte den gesetzlichen oder statutarisch festgelegten Schwellenwert überschreiten.
Abgestimmte Verhaltensweise mit Beherrschungsabsicht bei der Zusammenfassung zu einem Konzern oder einer Unternehmensgruppe durch eine Mehrheit von Stimmrechten oder durch anderweitige Beherrschung i.S.v. Art. 12 Abs. 1 FinfraV-FINMA
Begriff "Mehrheit von Stimmrechten"
Vgl. dazu die Praxis und Kommentierung zu Art. 11 Abs. 1 UEV.
Von der Anbieterin kontrollierte Gesellschaften gelten als in gemeinsamer Absprache handelnd
Unter dem Kriterium "Mehrheit von Stimmrechten oder Kapitalanteilen" i.S.v. Art. 10 Abs. 2 lit. c. BEHV-FINMA handeln alle durch die Anbieterin direkt oder indirekt kontrollierten Gesellschaften in gemeinsamer Absprache i.S.v. Art. 33 FinfraV-FINMA i.V.m. Art. 10 Abs. 2 lit. c BEHV-FINMA.
"Unterordnungskonzern" als Gruppe
Bei einem sog. Unterordnungskonzern bildet die oberste Person (oder Gesellschaft) als indirekter Halter zusammen mit dem von ihm beherrschten direkten Halter und allen dazwischengeschalteten Einheiten eine Gruppe im Hinblick auf die Beherrschung der Zielgesellschaft.
Weitere Praxis zur abgestimmten Verhaltensweise bei Zusammenfassung zu einem Konzern oder einer Unternehmensgruppe durch eine Mehrheit von Stimmrechten oder durch anderweitige Beherrschung i.S.v. Art. 10 Abs. 2 lit. c BEHV-FINMA
Zur abgestimmten Verhaltensweise bei Zusammenfassung zu einem Konzern oder einer Unternehmensgruppe durch eine Mehrheit von Stimmrechten oder durch anderweitige Beherrschung i.S.v. Art. 10 Abs. 2 lit. c BEHV-FINMA im allgemeinen übernahmerechtlichen Kontext, vgl. die Praxis und Kommentierung zu Art. 11 Abs. 1 UEV.
Praxisbeispiele zur Koordination "im Hinblick auf die Beherrschung"
Beherrschungsrelevante Koordination bejaht
Koordination durch ABV zwecks Erhaltung der Selbständigkeit der Zielgesellschaft
Anwendbarkeit von Art. 33 FinfraV-FINMA bejaht bei einem Aktionärbindungsvertrag der Hauptaktionäre (zusammen 92%) zwecks Erhaltung der Selbständigkeit der Zielgesellschaft, unter anderem mit Vorschriften zur Übertragungsbeschränkung von Aktien der Zielgesellschaft (Vorhand- und Vorkaufsrechte) sowie mit Bestimmungen über die Zusammensetzung des Verwaltungsrats und die einvernehmliche und einstimmige Beschlussfassung in wichtigen Angelegenheiten.
Koordination im Hinblick auf wesentliche Veränderungen im Verwaltungsrat
Die auf wesentliche Veränderungen im Verwaltungsrat der Gesellschaft abzielende Vereinbarung zwischen Aktionären (in casu mit einem gemeinsamen Stimmenanteil von 24.53 %) stellt auch dann ein abgestimmtes Verhalten im Hinblick auf die Beherrschung dar, wenn sich der angestrebte Erfolg nicht oder nur teilweise einstellt.
Koordination im Hinblick auf die Festlegung einer Strategie der Zielgesellschaft
Anwendbarkeit von Art. 33 FinfraV-FINMA bejaht beim Abschluss einer Konsortialvereinbarung durch mehrere unabhängige Parteien zwecks indirekter Übernahme eines Kontrollpakets und Festlegung einer Strategie für die Zielgesellschaft.
Koordination durch enge Einbindung der Zielgesellschaft in einen Poolvertrag
Wird die Zielgesellschaft dadurch in einen Poolvertrag zwischen strategisch wichtigen Kooperationspartnern, der sich auf die Ausübung der von ihnen gehaltenen Stimmrechte an der Zielgesellschaft bezieht, eingebunden, dass (i) die Poolversammlungen vom VR-Präsidenten der Zielgesellschaft einberufen und geleitet werden, an denen er mit beratender Stimme teilnimmt und (ii) der Verwaltungsrat der Zielgesellschaft und die Poolmitglieder ein Bereinigungsverfahren durchführen, wenn die Beschlüsse der Poolversammlung von den Anträgen des Verwaltungsrats der Zielgesellschaft an die Generalversammlung abweichen, dann handelt die Zielgesellschaft in gemeinsamer Absprache mit den Poolmitgliedern.
Koordination durch Restrukturierung und Erweiterung einer bestehenden Gruppe
Bringt eine nicht durch einen Aktionärbindungsvertrag gebundene bestehende Gruppe von Familienaktionären mit einem dominierenden Aktionär ihre Beteiligung an der Zielgesellschaft in eine von ihr gehaltene Gesellschaft ein und ermöglicht sie weiteren Aktionären (in casu das Management) der Zielgesellschaft, ihre Aktien an der Zielgesellschaft ebenfalls in diese Gesellschaft einzubringen, und schliessen alle Beteiligten einen Aktionärbindungsvertrag ab, der primär die Zusammensetzung des Verwaltungsrates sowie Übertragungsbeschränkungen für die Aktien der betreffenden Gesellschaft zum Inhalt hat, und verliert dabei der dominierende Familienaktionär seine relative Stärke und Unabhängigkeit betreffend die Ausübung der Stimmrechte der neu von der genannten Gesellschaft gehaltenen Aktien an der Zielgesellschaft, dann liegt die Bildung einer neuen Gruppe vor, welche grundsätzlich die Angebotspflicht auslöst, wenn der von der Gruppe gehaltene Anteil an der Zielgesellschaft den relevanten Grenzwert von Art. 135 Abs. 1 FinfraG überschreitet.
Koordination zwecks Sanierung einer Zielgesellschaft
Mehrere (bestehende und künftige) Aktionäre bilden vorübergehend eine Gruppe, wenn sie ihr Stimmrechtsverhalten an der Generalversammlung der Zielgesellschaft abstimmen und sich im Hinblick auf die Sanierung der Zielgesellschaft über die Gewährung einer Lock-up-Verpflichtung und eines Verwässerungsschutzes hinaus koordinieren.
Beherrschungsrelevante Koordination verneint
Koordination bezüglich der Wahl einer Minderheit von Verwaltungsratsmitgliedern
Eine Vereinbarung zwischen der Hauptaktionärin und einem künftigen Ankeraktionär der Zielgesellschaft, mit welcher dem künftigen Ankeraktionär das Recht zur Bezeichnung einer Minderheit von Verwaltungsratsmitgliedern eingeräumt wird, ohne dass weitergehende Stimmbindungen oder Vetorechte im Hinblick auf die Willensbildung oder Beschlussfassung im Verwaltungsrat oder in Bezug auf die strategische Ausrichtung der Zielgesellschaft oder auf strategische Entscheidungen in der Zukunft vereinbart wurden, kann für sich allein genommen keine angebotspflichtige Gruppe entstehen lassen.
Koordination nur hinsichtlich einer privaten Aktienplatzierung über eine Bank
Soweit namentlich zwischen den einzelnen Käufern keine Vereinbarungen oder Koordination im Hinblick auf die Beherrschung und auch keine anderweitigen Anhaltspunkte für ein kontrollrelevantes Zusammenwirken vorliegen, besteht eine angebotspflichtige Gruppe weder zwischen Verkäuferin und der ein Kontrollpaket zwecks Privatplatzierung kurzfristig erwerbenden Bank, noch zwischen letzterer und den erwerbenden Investoren noch zwischen den je selbständig in eigenem Namen und auf eigene Rechnung erwerbenden Investoren. In einem solchen Fall ist es grundsätzlich auch nicht erforderlich, das Fehlen einer Gruppe zwischen den erwerbenden Investoren durch die Übernahmekommission feststellen zu lassen.
Koordination nur hinsichtlich Sicherung des Vollzugs des Erwerbs eines Kontrollpakets durch je selbständig handelnde Investoren
Soweit eine Koordination des Verhaltens nur (aber immerhin) auf die Sicherung des Vollzugs eines vereinbarten Kontrollerwerbs und nicht auf die gemeinsame Beherrschung gerichtet ist, besteht eine angebotspflichtige Gruppe weder zwischen den Verkäufern und den erwerbenden Investoren noch zwischen den je selbständig in eigenem Namen und auf eigene Rechnung erwerbenden Investoren.
Koordination hinsichtlich Sicherung des Vollzugs einer Transaktion, die ihrerseits keine Angebotspflicht auslöst
Soweit eine Koordination des Verhaltens nur auf die Schaffung der notwendigen Rahmenbedingungen für den Vollzug einer Transaktion gerichtet ist, die ihrerseits nicht zu einem Kontrollwechsel bzw. zu einer gemeinsamen Beherrschung führt, erübrigt sich die Frage, ob in den entsprechenden Vorbereitungshandlungen eine kontrollrelevante Gruppenabsprache zu erblicken ist.
Koordination im Rahmen von Festübernahmen
Koordination nur zwecks Absicherung des Zustandekommens einer Kapitalerhöhung
Bezweckt eine Festübernahmevereinbarung zwischen bedeutenden Aktionären nicht die Abstimmung mit Blick auf die Beherrschung der Zielgesellschaft, sondern die Absicherung des Zustandekommens einer Kapitalerhöhung und damit die Verstärkung der Eigenkapitalbasis und Sicherung des langfristigen Gedeihens der Gesellschaft, ist keine übernahmerechtlich relevante Koordination gegeben.
Koordination nur hinsichtlich marktüblicher Zeichnungs- und Platzierungsverpflichtungen im Festübernahmeverfahren
Bei Kapitalerhöhungen im Festübernahmeverfahren übliche Zeichnungs- und Platzierungsvereinbarungen, unter denen sich die Banken zur Zeichnung und Platzierung der neu auszugebenden Aktien verpflichten und die bestehenden Aktionäre im Gegenzug zur vollständigen oder teilweisen Ausübung ihrer entsprechenden Bezugsrechte, lösen keine Angebotspflicht aus, soweit sie einzig die Durchführung der Kapitalerhöhung regeln und keine Auswirkungen auf die Kontrolle über die Zielgesellschaft haben bzw. nicht zu einer Änderung der bestehenden Kontrollverhältnisse führen.
Koordination nur hinsichtlich Lock-up Vereinbarung
Eine bei Kapitalerhöhungen übliche Lock-Up Vereinbarung, welche für eine bestimmte und übliche Dauer das Anbieten oder die Veräusserung (bzw. eine vergleichbare Disposition) einer Beteiligung an der Zielgesellschaft verbietet und nur (aber immerhin) zum Ziel hat, den Börsenkurs einer Aktie zu stabilisieren, ist übernahmerechtlich nicht relevant, sofern keine darüber hinausgehenden Abreden betreffend die Ausübung von Stimmrechten getroffen werden oder auf andere Weise eine Abstimmung der Verhaltensweisen im Hinblick auf die Beherrschung der Gesellschaft bewirkt wird.
Koordination nur hinsichtlich der Teilnahme an einer vorbereitenden Sitzung von Aktionären vor einer Generalversammlung und anschliessend weitgehend paralleler Stimmrechtsausübung
Die Teilnahme eines Verwaltungsratsmitglieds und Aktionärs der Zielgesellschaft an einer Versammlung von Aktionären zwecks Absprache derer Stimmrechtsausübung an einer bevorstehenden Generalversammlung, gefolgt von seiner weitgehend parallelen Stimmrechtsausübung mit der genannten Aktionärsgruppe, stellt nicht zwingend eine beherrschungsrelevante Koordination i.S.v. Art. 33 FInfraV-FINMA i.V.m. Art. 12 Abs. 1 FinfraV-FINMA (in Form eines Gentleman’s Agreement) dar, sondern kann beim Fehlen weiterer Indizien als blosses Parallelverhalten gewertet werden.
Koordination nur hinsichtlich vorwiegend informativer Kontakte zwischen Aktionären im Vorfeld einer Generalversammlung
Primär telefonische Kontakte zwischen bestehenden Aktionären im Vorfeld einer Generalversammlung der Zielgesellschaft, die jedoch vorwiegend informeller Natur waren und nicht im Hinblick auf eine gemeinsame Beherrschung der Zielgesellschaft und auch nicht mit dem Ziel geführt wurden, einen Kontrollwechsel bei derselben herbeizuführen, wiesen weder die geforderte Intensität noch die genügende Verbindlichkeit auf, um als beherrschungsrelevante Koordination i.S.v. Art. 33 FinfraV-FINMA i.V.m. Art. 12 Abs. 1 FinfraV-FINMA zu gelten.
Koordination nur hinsichtlich der Verpflichtung zur Einbringung neuer Eigenmittel in die Zielgesellschaft
Ein zwischen bestehenden Aktionären und neuen Investoren abgeschlossenes Investment Agreement, in welchem sich die Vertragsparteien dazu verpflichten, unter bestimmten Voraussetzungen in die Zielgesellschaft neue Eigenmittel einzubringen bzw. in diesem Umfang neue Aktien zu zeichnen, womit die operative Tätigkeit der Zielgesellschaft unterstützt werden soll, stellt keine beherrschungsrelevante Koordination i.S.v. Art. 33 FinfraV-FINMA i.V.m. Art. 12 Abs. 1 FinfraV-FINMA dar, solange das Investment Agreement weder die Ausübung von Stimmrechten noch anderweitig eine Abstimmung der Verhaltensweisen mit Blick auf die Beherrschung der Zielgesellschaft zum Gegenstand hat.
Koordination nur hinsichtlich einer von Investoren gehaltenen Gesellschaft, deren Anteile im Rahmen einer Quasi-Fusion in die Zielgesellschaft eingebracht werden sollen
Ein zwischen mehreren Investoren bestehender Aktionärbindungsvertrag in Bezug auf eine von ihnen privat gehaltene Gesellschaft, deren Anteile im Rahmen einer geplanten Quasi-Fusion gegen Ausgabe neuer Aktien der Zielgesellschaft in dieselbe eingebracht werden sollen, stellt in Bezug auf die Zielgesellschaft keine beherrschungsrelevante Koordination i.S.v. Art. 33 FinfraV-FINMA i.V.m. Art. 12 Abs. 1 FinfraV-FINMA dar, wenn er mit dem Vollzug der Transaktion für diejenigen Aktionäre aufgehoben wird, welche ihre Aktien in Aktien der Zielgesellschaft umtauschen und wenn auch keine Indizien für eine anderweitige Abstimmung vorliegen.
Koordination nur hinsichtlich der Vermeidung eines Beteiligungsausbaus durch einen Aktionär
Bezweckt eine Vereinbarung unter Aktionären und mit der Zielgesellschaft betreffend Ausübung der Stimmrechte, Zusammensetzung des Verwaltungsrats und Festlegung einer Strategie für die Zielgesellschaft primär die Vermeidung des Ausbaus der Beteiligung eines aussenstehenden Aktionärs, liegt keine Koordination mit Blick auf die Beherrschung vor und ist das Vorliegen einer angebotspflichtigen Gruppe demzufolge zu verneinen (in casu Grundsatzfrage offengelassen, ob die potentielle Zielgesellschaft überhaupt an einer gemeinsamen Absprache im Hinblick auf eine Beherrschung zusammen mit Investoren beteiligt sein kann).
Koordination nur hinsichtlich eines Erwerbsgeschäfts zwischen zwei gemeinsam gehaltenen Gesellschaften
Die Stimmrechtsausübung der Hauptaktionäre an der Generalversammlung der Erwerberin betreffend Kapitalerhöhung zwecks Finanzierung der geplanten Transaktion stellt ebenso wenig ein koordiniertes Handeln mit Beherrschungsabsicht auf Stufe der Erwerberin dar wie das Bestehen eines Aktionärbindungsvertrags zwischen den Hauptaktionären (identische Private Equity-Investoren bei der Erwerberin und der nicht kotierten Gesellschaft mit Sitz in Frankreich, die durch sie erworben werden soll) betreffend die zu erwerbende Gesellschaft. Der Aktionärbindungsvertrag enthält lediglich Klauseln betreffend Bewertung und Exit der Investoren in Bezug auf die zu erwerbende Gesellschaft, nicht hingegen Absprachen betreffend die Erwerberin. Auch ausserhalb des ABV gibt es keine Hinweise auf eine Koordination der Hauptaktionäre im Hinblick auf die Beherrschung der Erwerberin.
Koordination durch Abschluss von ISDA-basierten Forwards und Swaps
Dienen die Aktien einer Publikumsgesellschaft lediglich als Basiswert (underlying) für die einer Aktionärin von mehreren Banken eingeräumten Kredite in der Form von kombinierten ISDA-basierten Forwards und Swaps, welche je cash-settled sind, d.h. keine Übertragung der betreffenden Aktien oder der daraus fliessenden Rechte, sondern lediglich auf deren Kurswerten basierende Ausgleichszahlungen vorsehen, so liegt keine übernahmerechtlich relevante Koordination vor, sofern die Forwards und Swaps und die übrigen ISDA-Dokumente keine Abstimmung der Verhaltensweisen mit Blick auf die Beherrschung der betreffenden Publikumsgesellschaft bewirken.
Koordination im Rahmen der Verpfändung und Pfandverwertung
Koordination durch Abschluss von Pfandverträgen
Die Verpfändung von Aktien einer Publikumsgesellschaft an mehrere kreditgebende Banken zwecks Sicherstellung deren Kredite stellt – jedenfalls bis zum Eintritt eines Vorkommnisses, welches es den Banken erlaubt, die Stimmrechte der verpfändeten Aktien auszuüben – keine übernahmerechtlich relevante Koordination dar, sofern die relevanten Verträge weder die Ausübung von Stimmrechten zum Gegenstand haben noch auf andere Weise eine Abstimmung der Verhaltensweisen mit Blick auf die Beherrschung der betreffenden Publikumsgesellschaft bewirken.
Koordination im Hinblick auf eine mögliche Pfandverwertung
Wurden Aktien einer Publikumsgesellschaft zur Sicherung eines Kredits verpfändet, stellt weder die auf die gemeinsame Pfandverwertung ausgerichtete vertragliche Koordination zwischen den kreditgebenden Banken noch der gegebenenfalls im Rahmen der Pfandverwertung erfolgende gemeinsame Verkauf der verpfändeten Aktien eine übernahmerechtlich relevante Koordination dar. Dies gilt auch dann, wenn die Banken von ihrem Recht Gebrauch machen, bei Eintritt eines zur Pfandverwertung berechtigenden Ereignisses die Stimmrechte der verpfändeten Aktien auszuüben und durch Selbsteintritt Inhaberinnen der betreffenden Aktien zu werden, soweit die relevanten Verträge darüber hinaus weder die Ausübung von Stimmrechten zum Gegenstand haben noch auf andere Weise eine Abstimmung der Verhaltensweisen mit Blick auf die Beherrschung der fraglichen Publikumsgesellschaft bewirken.
Da die kreditgebenden Banken bei Eintritt eines zur Pfandverwertung berechtigenden Ereignisses (enforcement event) parallel laufende Interessen haben, indem sie namentlich an einem möglichst raschen Verkauf der an sie verpfändeten Aktien zu einem möglichst guten Preis interessiert sind, rechtfertigt sich je nach den Umständen die Auflage, dass die Übernahmekommission über bestimmte Vorkommnisse zu informieren ist.
Koordination bezüglich Verwässerungsschutz zugunsten eines Aktionärs der Zielgesellschaft
Eine Vereinbarung zwischen bestehenden und künftigen Aktionären einer Zielgesellschaft, mit welcher verhindert werden soll, dass ein bestehender Aktionär unter die Schwelle von 33 1/3 % der Stimmrecht fällt und deswegen riskiert, bei einem späteren Kauf von Aktien der Zielgesellschaft ein öffentliches Übernahmeangebot lancieren zu müssen, ist übernahmerechtlich nicht relevant. Durch eine solche Vereinbarung werden bloss die Partikularinteressen des bestehenden Aktionärs geschützt. Sie bewirkt keine abgestimmte Verhaltensweise im Hinblick auf die Beherrschung der Zielgesellschaft.
Koordination bezüglich einseitigen Vorhandrechts, Notifikationsrechts und Verpfändungsverbots
Eine Vereinbarung zwischen der Hauptaktionärin und einem künftigen Ankeraktionär der Zielgesellschaft, mit welcher der Hauptaktionärin ein einseitiges Vorhandrecht an dem vom künftigen Ankeraktionär erworbenen Aktienpaket eingeräumt wird, ohne dass die betroffenen Parteien weitergehende Absprachen, wie z.B. Kauf-, Verkaufs-, Vorkaufs- oder Mitverkaufsrechte treffen, kann für sich allein genommen keine angebotspflichtige Gruppe entstehen lassen.
Auch die vom künftigen Ankeraktionär im gleichen Zusammenhang eingegangenen Verpflichtungen, sein Aktienpaket in gewissen Fällen nicht zu verpfänden und die Hauptaktionärin vorgängig über eine allfällige Accelerated Bookbuilding-Transaktion zu informieren, führen nicht zu einer angebotspflichtigen Gruppe.
Ablösung einer individuellen Beherrschung durch eine gemeinsame Kontrolle
Reduziert ein Kontrollaktionär seine Beteiligung zugunsten des Aufbaus einer substanziellen Beteiligung eines neuen Aktionärs, behält er aber mit über 33 1/3% der Stimmrechte weiterhin die Kontrollmehrheit bei, dann lässt sich daraus für sich alleine nicht auf eine gemeinsame Beherrschungsabsicht der involvierten Parteien schliessen. Allerdings kann diesfalls trotzdem ein Kontrollwechsel stattfinden, wenn getroffene Absprachen, beispielsweise in einem Aktionärbindungsvertrag, bewirken, dass die Kontrolle nicht mehr individuell, sondern nur noch gemeinsam mit anderen Aktionären ausgeübt werden kann.
2. Pflicht zur Unterbreitung eines Angebots nach Art. 135 FinfraG im vorliegenden Fall
2.2 Angebotspflicht durch den Abschluss des Pre-Emption Agreement am Closing
2.2.2 Notifikationsrecht, Vorhandrecht und Verpfändungsverbot
[14] Im vorliegenden Fall erfasst die Absprache der Parteien gemäss Pre-Emption Agreement den einseitigen Erwerb von Beteiligungsrechten. So ist im der Übernahmekommission zugestellten Vertragsentwurf ein bloss einseitiges Vorhandrecht von EFG Group gegenüber BTG vorgesehen. Das Vorhandrecht gilt ferner nur, falls BTG deren EFGI-Aktien ganz oder teilweise in einer privaten Transaktion veräussern möchte. Das Vorhandrecht gilt hingegen nicht bei Verkäufen über die Börse oder in einer ABB-Transaktion. Ausserdem bestehen gemäss den Parteien keine weitergehenden Absprachen, wie z.B. Kauf-, Verkaufs-, Vorkaufs- oder Mitverkaufsrechte oder Veräusserungsverbote bzw. Halteverpflichtungen.
[15] Ebenso besteht ein Notifikationsrecht von EFG Group für den Fall einer Accelerated Bookbuilding-Transaktion. Schliesslich sieht das Pre-Emption Agreement auch in gewissen Fällen ein Verpfändungsverbot für BTG vor.
[16] Ein einseitiges Vorhandrecht für sich allein genommen kann keine angebotspflichtige Gruppe i.S.v. Art. 33 FinfraV-FINMA entstehen lassen. Dies gilt ebenso für das Notifikationsrecht und das Verpfändungsverbot (vgl. Empfehlung 0039/01 vom 5. Mai 1999 i.S. Selecta Group, E. 2 und 3). Es gilt nun zu prüfen, ob das gleiche für die im Pre-Emption Agreement enthaltene Stimmrechtsabsprache gilt.
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